Bei nebligem und feuchtem Herbstwetter machten sich 16 Erwachsene über Mittelbuch, Dietenwengen und Füramoos auf den Weg nach Hummertsried. Vor unserem Parkplatz – einem landwirtschaftlichen Schuppen – warteten schon weitere 3 Erwachsene und 3 Kinder um mit uns die Wanderung zu begleiten.
Der Ort Hummertsried liegt 646 ü. NN und gehörte bis 1938 zum Oberamt Waldsee und wurde dann nach Mühlhausen gemeinsam mit Aspach und Klingenrain eingemeindet. Heute zählt der Ort zur Gemeinde Eberhardzell. Die Kapelle ist St. Agatha geweiht. Es gab hier auch eine Burg.
Die Burg Hummertsried, früher auch „Hunprechtisried“ genannt, ist eine abgegangene Burg 300 Meter südwestlich der Kirche. Von der 1246 erwähnten Burg sind noch Reste der Grundmauern des Burggrabens erhalten. Die ehemalige Burganlage hatte einen sieben Meter hohen mit zwei Meter starken Mauern erbauten Bergfried. Die unter österreichischer Hoheit stehende Herrschaft ging durch Erbe beziehungsweise Heirat an die von Stuben, von Stein, die Schindelin, von Rotenstein und Hinweil, von letzteren 1613 an Kloster Ochsenhausen. Sie verödete 1803.
Schon beim Start fielen uns in weiter Ferne zwei Windräder auf, die sich schwungvoll bewegten. Sie wurden vor ca. 15 Jahren von 3 Bauern aus der Umgebung finanziert. Sie hatten damals größte Wiederstände von den Windkraftgegnern zu überwinden. Heute sind noch zwei davon Eigentümer. Der Dritte ist ausgestiegen. Wir wunderten uns, dass sie so nahe an einem Bauernhaus standen. Auf dem ansteigenden Weg nach Wolfartsweiler mussten wir erkennen, dass wir einem Trugschluss unterlagen, denn die Windräder stehen weit weg von der Zivilisation. Große Feldflächen und auch reger Autoverkehr begleiteten uns auf die Höhe 721 ü. NN bei Wolfartsweiler. Der Ort hat eine lange Geschichte:
Der Riefsche Hof:
Der Riefsche Hof war immer ein mannserbliches Lehen des Hauses Österreich und Teil der Herrschaft Hummertsried. Cunradus de Hubrechzried ist das ersterwähnte Mitglied dieser Familie (4. Jan. 1256). Seit 1492 ist der Name Rief auf dem Hof. 1702 erbaute ein Franz Anton Rief im heutigen Winterstettenstadt den heute sogenannten „Hallerschen Hof“ oder auch das „Rief-Haus“. 1692 wurde er Bürgermeister in Winterstetten. In seiner 17jährigen Amtszeit kämpfte er gegen die Truchsessen von Waldburg für seine Stadt und ihre Rechte. Dazu gibt es eine größere Überlieferung. Aber am Schluss obsiegten die oberen Herren, indem sie ihn durch Gewalt absetzten.
1720 erhielt zur Heirat ein Georg Jacob Rieff „auf deren Leben lang die gnädige Erlaubnis erteilt, Wein und Bier anzuzäpfen, jedoch des Bier von der Truchsechsichen Preystald (Bräustatt) zu Steinach zu nehmen habe. Es wurde das Gasthaus „Zum Hirsch“.
Als Besitz wird aufgeführt:
Die österreichischen Güter zu ‚Wolffertschweiler‘
- Ein Heiligengütle, welches dem Heiligen Eggmansried eigentümlich zugehört
- 4 ½ Jauchert Acker der Pfarrei Haisterkirch zugehörig
- 2 waldburgische Roßbäu zu Mühlhausen
- Ein roßbäuiges Gut zu Ampfelbronn
1725 gab es 4 Mannslehengüter. Zwischen 1868 und 1870 wurde der Hof aufgeteilt in den ‚Unterer Rief‘ und den ‚Oberer Rief‘.
Im Gasthaus „Zum Hirsch“ wurde seit den ältesten Zeiten am Sonntag nach Bartholomä (24. August) ein Volksfest mit Hahnentanz, Wettlaufen, Sackspringen, Ringen, Klettern, Kegelschieben, Scheibenschießen etc. gehalten, das von der Jugend beiderlei Geschlechts aus weiter Entfernung besucht wurde.
1967 wurde der ‚Obere Rief‘ an die beiden Söhne aufgeteilt. Der jüngere Sohn erhielt die alten Hofgebäude mit dem größeren Anteil der Grundstücke. Der Älteste baute ab Sommer 1967, westlich der Altgebäude, einen neuen Hof, der schon 1978 eine Erweiterung erfuhr. 1966 brannte die große Scheuer, die zwischen dem Hummertsrieder und dem Adelhofer Weg stand, ab. Das alte Hofgebäude zerstörte ein Feuer am 28. Januar 1982. Derselben mysteriösen Brandserie fiel auch die Ökonomie des neuen westlichen Hofes in der Nacht vom 3. auf 4. August 1982 zum Opfer. Das abgebrannte alte Hofgebäude wurde in der Folge aufgegeben. 1982/1983 erstellte man östlich der alten Hofstelle einen ganz neuen Hof.
Auch die Ökonomiegebäude des westlichen Hofes wurden nach dem Brand wieder errichtet. Schon 1701 hatte Johann Rief durch eine Feuersbrunst großen Schaden erlitten und 1856 brannte in der Nacht vom 27. auf 28. September ein Stadel mit Pfründnerwohnung ab, an dessen Stelle Franz Xaver Rief ein neues Ökonomiegebäude erbaute.
1987 wurde das „Tanzhaus“, das 1825 erbaut wurde, abgebaut und im Kreisfreilichtmuseum in Kürnbach wieder aufgebaut und hat auch heute noch seinen Namen ‚Tanzhaus‘.
Die Leonhardkapelle
Sie ist dem heiligen Leonhard geweiht, der als Pferdeheiliger genannt wird, weil er nach einer Überlieferung einem Pferd, das beim Hufbeschlagen nicht still hielt, den Fuß mit dem Schwert abhakte und dann nach dessen neuem Beschlag wieder ansetzte. Das Pferd konnte wieder gehen. Deshalb gibt es auch die Leonardi-Ritte z. B. in Bad Tölz oder in Westhausen.
Bei unseren Erläuterungen zum heutigen Rief-Hof bekamen wir noch Besuch von der heutigen Bäuerin des Hofes. Sie wollte wissen, was vor ihrem Hof abgeht und freute sich über das Interesse an dieser Geschichte. Beim nächsten Mal – wenn es eines gibt – lassen wir uns die Geschichte aus ihrer Sicht und den aktuellen Veränderungen erzählen.
Unser Weg führte uns nun abwärts Richtung Menhardsweiler. Unterwegs fiel uns ein Wegkreuz auf, dessen Namen kein einziger Teilnehmer kannte. Es handelte sich um ein ‚Arma-Christi-Kreuz‘, bei dem statt des Korpus oder zusätzlich zu diesem Gegenstände abgebildet sind, die sich auf die Leidensgeschichte Christi beziehen. Um genügend Platz für diese Gegenstände zu haben, ist der Längsbalken oftmals sehr hoch ausgeführt.
Vor dem Ort Menhardsweiler liegt noch ein kleiner Weiher, der durch den Bach ‚Faulgraben‘ gespeist wird, der sich durch das Tal nach Eggmannsried schlängelt.
Eggmannsried gehörte bis 1972 mit Unterschwarzach zum Kreis Biberach und die Orte entschieden sich damals bei der Gemeindereform zum Anschluss nach Bad Wurzach. Weithin sichtbar ist die Pfarrkirche St. Jakobus, die von 1686 – 1748 erbaut wurde. Wir überquerten den Faulgraben, der beim letzten Starkregen für Überflutungen sorgte. Jetzt folgte ein kurzer, aber kräftiger Anstieg zum Kirchenweg. Im Pfarrhaus war früher ein Museum vom Heimatkundler Jürgen Hohl untergebracht, der sich 2007 in Weingarten niedergelassen hat. Auf der Hochebene sind die Sportanlagen des Sportvereins Unterschwarzach angelegt. Dort fand auch tatsächlich ein Fußballspiel ab, was an den vielen geparkten Autos ersichtlich war. Wir verliesen den Ort Richtung Rettisweiler und ab dort ging es leicht ansteigend Richtung Hummertsried, dem Ende unserer Wanderung, weiter. Wir hatten für die 7 km lange Wanderung rund 2 Stunden gebraucht, weil wir uns für die Geschichten zu dieser Gegend genügend Zeit gaben. Aufgrund der hohen Corona-Inzidenz verzichteten wir auf unsere Einkehr im Gasthaus „Rößle“ in Füramoos. Es war eine rundum interessante Wanderung.
Wanderführer: Bruno Albinger und Fritz Natterer